Hofnamen

Sprachliche Bildung
Glossar
Abkürzungen
Literaturverzeichnis

Hofnamen sind ein Zeugnis für die Besiedlungsgeschichte in einer Region. Sie geben mitunter die Lebensumstände der ersten Siedler wieder und geben einen Einblick in die Namensgebung jener Zeit. Anhand der Namen kann oft auch ein Zeitpunkt für die Entstehung festgelegt werden. Analog zur Besiedlung gibt es auch verschiedene Namensschichten.

Am weitesten greifen die Gewässernamen zurück. Die Namen einiger Flüsse entstanden in einer Zeit in der sich die einzelnen indogermanischen Sprachen noch nicht gebildet hatten. Diese Namensschicht reicht mehr als 1500 Jahre in die Vergangenheit. Spuren der römischen Besiedlung oder einer romanischen Sprache sind nicht erhalten geblieben.

Die Slawen besiedelten diese Gegend im frühen Mittelalter und haben in den Namen Spuren hinterlassen. Dies trifft allerdings hauptsächlich auf Gewässernamen und auf Regionen zu. Es ist unwahrscheinlich, dass ein einzelner Hofname auf die slawische Besiedlung zurückgeht. Oft wurden jedoch die Höfe nach einem alten Siedlungsplatz der Slawen benannt.

Mit den ersten, vornehmlich bairischen, Siedlern kam die Deutsche Sprache in das Melktal. Aus der frühesten Zeit dieser Landnahme sind jedoch nur wenige Namen erhalten. So kommt es, dass die Mehrheit des Namensguts nicht auf das Althochdeutsche, sondern im Mittelhochdeutschem begründet ist. Die meisten Hofnamen lassen sich anhand dieser historischen Variante der deutschen Sprache erklären. Teilweise muss man jedoch die Besonderheiten des Bairischen berücksichtigen.

Viele Hofnamen haben sich jedoch im Lauf der Jahrhunderte weiterentwickelt. Oft ging das Wissen um die Bedeutung verloren und die Menschen deuteten die Namen neu. Oft wurden die Worte in der Mundart weitergeführt, auch wenn der Sinn verloren gegangen ist. Teilweise wurden sie aber einfach in einen neuen Zusammenhang gesetzt. Diese Umdeutungen werden auch als Volksetymologie bezeichnet.

Zudem haben sich die Namen über die Zeit hinweg deutlich verändert. Einige Hofnamen wurden durch neue Bildungen ersetzt. Etwa durch das Verschwinden eines Merkmals der Lage oder durch einen lange auf dem Haus ausgeübten Beruf. Teilweise sind die Höfe aber auch einfach verschwunden. Das trifft auch auf einen guten Teil der ritterlichen Ansitze in der Region zu, von denen die meisten im späten Mittelalter verlassen oder sogar im Zuge von Herrschaftsveränderungen geschleift wurden.

Die Namen wurden lange Zeit von mündlich von Generation zu Generation weitergegeben. Nur selten wurden schriftliche Zeugnisse zu einzelnen Hofnamen abgefasst. Betreffend der Hofnamen erscheinen die ersten im 14. Jahrhundert in Urkunden. Eine wichtige Quelle dazu sind die herrschaftlichen Urbare, welche die Besitzungen des Adels oder der Kirche auflisteten.

Eine interessante Quelle stellen auch die Kirchenbücher dar. Die ältesten erhaltenen Matriken reichen bis in die frühen Jahre des 17. Jahrhunderts zurück. Dies ist aber von Pfarre zu Pfarre unterschiedlich. Wobei auch unsere heutige Pfarrstruktur erst seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert besteht, da es in Theresianischer und Josephinischer Zeit zu einer Umstrukturierung des Pfarrnetzes kam.

Mit der Josephinischen Landesaufnahme (1764 – 1787) wurden die Fluren erstmals zentral erfasst. Während sich in den flachen Regionen Siedlungen entwickelt haben und die umgebenden Fluren von einem Ort aus bewirtschaftet wurden, sind in den gebirgigen Gegenden die Höfe verstreut und befinden sich meist mitten im zugehörigen Grund. Deshalb wurden in der Landesaufnahme auch zahlreiche Hofnamen erfasst. Auf den Karten wurden deshalb auch nur selten dedizierte Flurnamen vermerkt. Hinzu kommt, dass die mundartlich überlieferten Namen von den ortsfremden Beamten oft falsch verstanden wurden. So entstanden zahlreiche amtliche Schreibweisen, die mit der ursprünglichen Bedeutung wenig zu tun hatten.

Solche staatliche frühen Erfassungen stellen eine wichtige Quelle dar. Mit dem Franziszeischen Kataster (1817 – 1861) wurde die Region erstmals weitestgehend exakt vermessen. Im Melktal entstanden dazu Landkarten und Protokolle in den frühen 1820er-Jahren.

Zur sprachlichen Bildung

Normalerweise verfügen Hofnamen über einen bestimmten Artikel. Teilweise sind sie darüber hinaus mit einem Vorwort versehen. In der gesprochenen Sprache werden sie ja als Teil eines Satzes erwähnt (z. B. auf dem Berg, in der Au, beim Harbach-Schuster).

Ursprünglich wurden die Höfe meist nach ihrer Lage benannt (z. B. Berg, Leiten, Au, Gstetten etc.). Später war es jedoch notwendig weiter zu unterscheiden. Deshalb kamen zu den Grundwörtern unterschiedliche Bestimmungswörter hinzu. Das können einerseits Nomen oder Adjektive zur Beschreibung von Merkmalen und andererseits Personennamen sein. Eine weitere Möglichkeit zur Unterscheidung bieten Verkleinerungsformen (z. B. Bründl zu Brunn).

Es gibt bestimmte Endungen um etwa Zugehörigkeit (z. B. -ing oder -ern) anzuzeigen. Auch Kollektive oder Ansammlungen können mit Endungen angezeigt werden (z. B. -ach oder -ert). Mit der Endung auf -er oder -in wird eine Personifizierung der Hofnamen betrieben. So entstanden sogenannte elliptische oder unvollständige Namen. Wobei letzteres eher typisch für Flurnamen ist.

Darüber hinaus konnten Wortteile kontrahiert oder weggelassen werden. Dies betrifft vor allem nebentonige Silben (z. B. Greut aus Gereute, Gstetten aus Gestade). Außerdem konnte der Auslaut des Artikels zum Anlaut des folgenden Namens werden (z. B. im Osang zu Mosang). Zur Erleichterung der Aussprache wurden Laute aneinander angeglichen bzw. assimiliert (z. B. Grummet aus gruenmat) oder umgestellt (z. B. Böndl aus Bödenlein).

Quellen: Arnberger 2017 18ff, Weigl 1964 XLIVff, Schuster 1989 105ff

Glossar

-ach
mhd. -ach, ech
Endung zur Bildung neutraler Kollektiva. Vor allem im Zusammenhang mit Pflanzennamen (z.B. Edlach, Pirkach, etc.).

Au
mhd. ouwe, ou, oue f. für ›Insel, Au, wasserreiches Land‹
Ein wasserreiches Wiesengelände an einem Gewässer. Oft auch ein mit Bäumen oder Sträuchern bewachsenes Ufer eines fließenden Gewässers.

Bach
mhd. bach, pach m. für ›Bach, Wasserlauf, Quelle‹
Eigentlich für ein kleineres fließendes Gewässer. Wird aber oft auf eine nahe gelegene Siedlung übertragen.

Berg
mhd. berc, perc m. für ›Berg‹
Eine größere Bodenerhebung in Relation zur Umgebung. Oft auch als Name für eine Siedlung auf einer Anhöhe.

Bichl
mhd. bühel, buhel, pühel, puhel m. für ›Hügel, Anhöhe, Berg‹
Eine Anhöhe oder Hügel. Oft ist dieser auch mit Bäumen bewachsen.

Brunn
mhd. brunne, prunne m. für ›Quelle, Brunnen‹
Name für eine Quelle oder einen Brunnen. Teilweise auch für ein Quellgebiet oder sumpfiges Gelände.

Dorf
mhd. dorf n. für ›Dorf, Einzelhof‹
Eine meist geschlossene bäuerliche Siedlung. In ältesten Formen auch für Einzelgehöfte freier, privilegierter Bauern. Meist in Verbindung mit einem PN im Gen.

Eck
mhd. ecke, egge f. für ›Winkel, Ecke, Ende‹
Ein winkelig zulaufender Geländeteil oder Landwinkel. Oft zwischen Flüssen oder Felsen bei einem Berg.

Feld
mhd. velt, felt n. für ›Feld, Land, Ebene‹
Ein freies offenes Land, das möglicherweise auch kultiviert ist. Es kann jedoch auch kahl oder bewaldet sein.

Graben
mhd. grabe m. für ›Graben‹
Eine kurze und enge Bodenvertiefung. Teilweise mit einem kleinen Fließgewässer.

Grub
mhd. gruobe, grūbe f. für ›Grube, Graben‹
Eine Bodensenke oder Höhlung von nicht allzu großer Ausdehnung.

Haus
mhd. hūs, hous n. für ›Haus, befestigtes Haus, Burg‹
Ursprünglich ein Hinweis auf ein befestigtes Haus oder eine Burg. In der frühen Neuzeit dann für eine einfache Behausung. Oft als Verkleinerungsform für Zubauten.

Hof
mhd. hof m. für ›Hof, Wohnstätte‹
In der Grundbedeutung ein zur Hofanlage geeignetes und gewissen Schutz bietendes Grundstück auf einer Anhöhe oder eingehegter Raum. Später als Bezeichnung für einen Bauernhof.

Hofstatt
mhd. hovestat, hofstat f. für ›Hofstatt, Grundstück‹
Bezeichnet den Grund und Boden auf dem ein Hof mit seinen Gebäuden steht, stand oder stehen könnte. In der Region ein kleines bäuerliches Anwesen mit geringer Grundausstattung. Oft als Behausung für Handwerker.

Hub
mhd. huobe, hūbe f. für ›Grundstück, Landmaß‹
Ein Grundstück mit einem bestimmten Ausmaß. In der Region ein großes bäuerliches Gut mit reicher Grundausstattung von 50 bis 60 Joch.

Lehen
mhd. lēhen n. für ›Lehen, geliehenes Gut‹
Ein verliehenes Grundstück. Es konnte entweder erblich sein oder auf Lebenszeit verliehen werden. In der Region ein mittleres bäuerliches Anwesen mit einer Grundausstattung von 25 bis 30 Joch.

Leiten
mhd. līte f. für ›Abhang‹
Ein Bergabhang. Als Bezeichnung für ein Anwesen in Hanglage.

Mühl
mhd. mül, müle f. für ›Mühle‹
Eine Mühle. Es gibt verschiedene Arten von Mühlen, die manchmal über das Bestimmungswort nachvollziehbar sind.

Öd
mhd. œde f. für ›Öde, Ödland, Einöde‹
Ein unbebauter oder unbewohnter Grund. Auch für ein verlassenes, abgelegenes oder wenig fruchtbares Gebiet.

Reit
mhd. riute f. für ›Rodung, gerodetes Land‹
Ein Stück Land, das durch Rodung urbar gemacht worden ist. Übliche Rodungsformen sind Holzschlag oder Brandrodung.

Schlag
mhd. slac m. für ›Holzschlag, Rodung durch Holzschlag‹
Meistens für ein durch Holzfällen gelichtete und somit urbar gemachte Waldstelle. Selten auch für einen Weg, der durch häufige Benutzung bzw. Hufschlag entstanden ist.

Statt
mhd. stat f. für ›Ort, Stelle, Stätte, Platz‹
Eine Stelle, an der sich etwas befindet oder befunden hat. Etwa ein Hof oder eine Siedlung.

Stein
mhd. stein m. für ›Stein, Fels‹
Für einen aufragenden Felsen oder einen felsigen Berg. Je nach Verwendung auch für felsige Gründe oder ein Haus aus Steinen, etwa eine Burg.

Straß
mhd. strāze f. für ›Straße‹
Für die Lage an einer gepflasterte Straße oder einem Verbindungsweg.

Tal
mhd. tal n. für ›Tal‹
Bezeichnung für eine längere Vertiefung und Senke im Gelände. Meist in Verbindung mit einem Fließgewässer.

Weg
mhd. wec, weg m. für ›Weg‹
Für kleinere, meist wenig ausgebaute Verbindungswege.

Quellen: Arnberger 2017 244ff., Schnetz 75, 80, Flossmann I 27

Abkürzugen

Abl.Ableitung
Adj.Adjektiv
ahd.althochdeutsch
bair.bairisch, österreichisch
BWBestimmungswort
Dat.Dativ (3. Fall, Wem?)
Dim.Diminutiv, Verkleinerungsform 
Etym.Etymologie (Herkunft, Grundbedeutung)
f.feminin (weiblich)
FKFranziszeischer Kataster
FlNFlurname
FNFamilinenname
Gen.Genitiv (2. Fall, Wessen?)
germ.germanisch
gr.(alt)griechisch
GWGrundwort
Jh.Jahrhundert
JLAJosephinische Landesaufnahme
Kf.Kurzform
KGKatastralgemeinde
lat.lateinisch
m.maskulin (männlich)
mda.mundartlich, in der Mundart
mhd.mittelhochdeutsch
n.neutral (sächlich)
Nom.Nominativ (1. Fall, Wer oder Was?)
OSOrtschaft
Pl.Plural, Mehrzahl
PNPersonenname, Vorname
Sg.Singular, Einzahl
slaw.slawisch
unkl.Herkunft unklar, unsicher
V.Verb
vgl.vergleiche

Literaturverzeichnis

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